Interview von Hanna Kirchner mit Tamara Kappler, Mitarbeiterin in der Natura 2000 Station in Friedrichshöhe am Kontakt: t.kappler@lpv-thueringer-wald.de

 

14.11.2017. Sie betreut besonders schützenswerte Gebiete unter dem naturschutzfachlichen Aspekt. Dort ist vom Gesetz ein Verschlechterungsverbot vorgeschrieben. Das muss überwacht und durchgesetzt werden. Der Zustand der Gebiete wird ermittelt (eingestuft) und über die vorhandenen Arten der Lebensraumtyp definiert. So sollen die Arten durch verschiedene Maßnahmen (Mähen, Betretungsverbot, Bäume fällen …) erhalten werden.

 

Wo gibt es in unserer Umgebung Bergwiesen?

 Im gesamten Thüringer Wald gibt es Bergwiesen. Es gibt aber die unterschiedlichsten Wiesentypen und Verzahnungen. Je nach Standortbedingungen und Pflege gibt es viele unterschiedliche Lebensraumtypen.

 

Wie groß ist ihre Fläche?

 Schwer zu sagen, alles ist in Bewegung. Früher waren die einzelnen Wiesen so groß, dass sie die jeweilige Familie bewirtschaften konnte. Alles wurde von Hand gemacht. Mähen, Wenden, Rechen und Einfuhr des Heus mit dem Korb oder dem Fuhrwerk.

 

Warum wurden Bergwiesen angelegt?

 Der Fichtenwald ist z. B. für die Glasherstellung gefällt worden. Gerodete Flächen wurden Wiesen für Viehfutter.

 

Von wem wurden sie angelegt?

 Bauern und Waldbewohner im Nebenerwerb legten sie an. Die meisten lebten von der Hand in den Mund. Sie fütterten mit dem Heu ihre wenigen Tiere. Früher trieben sie die Herden auch auf Triften in den Wald. So entstanden über Triftweiden auch zusammenhängende Talwiesen. Die Waldhut wurde vom Waldbesitzer (Herzog, Fürst) zunehmend verboten.

 

Wie ging das vor sich?

 Bäume fällen, Wurzelstöcke roden, Steine ablesen.

 

Wie wurden sie bewirtschaftet?

 Weide für das Vieh und Heuwiese. Die wurde mit der Sense gemäht.

 

Wie erfolgt die Bearbeitung?

 Früher: Handpflege mit Sensen und Rechen

 Heute: Mähwerk – immer wieder wenden – Ballen pressen – Heu für Vieh

 

Haben sich die Bergwiesen verändert?

 Ja!       Werden durch Mahd offengehalten. Haben sich verkleinert - eine sogenannte Verinselung durch Fichtenanflug und Anpflanzung von Bäumen. Im Pechgrund, einem Bergwiesental, werden gerade angeflogene Fichten von einer Firma herausgeschlagen, um die alte Struktur der Triftweide wiederherzustellen. Eine Fichte nimmt 100 m² Wiese weg.

 

Wie ist ihr Zustand?

 Unterschiedlich. Manche werden gepflegt wie früher. Dort existiert große Artenvielfalt, Artenvielfallt geht zurück durch Mulchen. Andere werden nicht mehr gepflegt und werden vom Wald verschlungen. Nur ein Bewirtschafter hält sie am Leben. Aber der braucht Zuschüsse, also Fördergelder für die Pflege.

 

Wem gehörten sie?

 Früher: gemeinschaftliche Nutzung der Dorfbewohner oder einzelne Familien des Dorfes.

 Heute: einzelne Flurstücke mit vielen Eigentümern und teils ungeklärten Verhältnissen. Die Erbenermittlung ist langwierig und teuer, da die Grundbücher  nicht fortgeschrieben sind.    

 

Ist ihre Lage dokumentiert? Wenn ja, wo?

 Ja!       Es gibt ein Kartenprogramm vom Land Thüringen zum Eintragen. Im Gelände werden die Standorte kartiert und eine Artenliste erstellt. Auf Luftbildern ist die Ausdehnung erkennbar.

 

Wer dokumentiert ihre Lage?

 Einzelne Projekte werden bezuschusst und besondere Pflanzen von den Biologen (TLUG) sehr genau mit GPS eingemessen. Die Daten werden in eine Datenbank eingetragen.

 

Wie ist ihr Werdegang im Jahresverlauf?      

 Wachsen, Blühen, Fruchten, Mahd, Winterruhe

 

Gab es früher mehr Bergwiesen als heute?

 Ja. Die Bergwiesen sind sehr klein. Ihre Nutzung ist für den Landwirt heute nicht rentabel. Keiner will sie bearbeiten. Die Bergwiese verschwindet durch die Sukzession. Der Wald nimmt sie allmählich in Besitz. Aus Offenland wird mit der Zeit wieder Wald.

 

Wann und warum wurden sie aufgeben?

 

Die Landwirtschaft hat sich mit den Jahren verändert. Große Flächen können mit den Maschinen besser bearbeitet werden und bringen viel mehr Ertrag. Sie werden vom Bewirtschafter bevorzugt. Die kleinen Wiesen werden erst seit es Zuschüsse für das Bewirtschaften gibt wieder beachtet. Viele Wiesen waren da schon überwuchert. Es ist ein schleichender Prozess.

 

Welche Pflanzen wachsen auf einer Bergwiese?

 Keine genaueren Angaben möglich. Es gibt viele Arten von Bergwiesen, die sich nach den dort wachsenden Arten benennt. Grob werden sie unterteilt in Bergmähwiesen und Borstgrasrasen. Es hängt vom Boden und Klima ab, also den Umweltbedienungen, welche Pflanzen wachsen. Auch der Schnittzeitpunkt ist entscheidend.

 

Welche dieser Pflanzen wachsen heute noch auf einer Bergwiese?

 Es wächst z. B. die Arnika. Die Samenbank im Boden lässt auch scheinbar verschwundene Pflanzen nach vielen Jahren wieder wachsen, wenn es die Bedingungen erlauben.

 

Welchen Nutzen haben sie für uns heute?

 Landschaftspflege erhält die Artenvielfalt. Die Wiese bietet Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen, den es im Wald nicht gibt. Blühende Wiesen ziehen zum Beispiel Touristen an. Vermarktung von Kosmetik aus Bergwiesenpflanzen und natürlich als Heu für Tiere.

 

Haben sie eine Zukunft?

 Ja, aber in welchem Zustand? Abhängig von der Landwirtschaft, Betriebsprämie, Kulab, Fördermittel

 

Von Bäumen befreite, ehemalige Wiesen, können mit Heublumen bestreut werden und so wieder zu naturnahem Grünland verwandelt werden.        Mit Notlösungen können die Wiesen erhalten werden (Einsatz von Technik, Beweidung). Aber durch das Mulchen werden viele Tiere getötet. Der Mulch verbleibt auf der Wiese und damit die in den Pflanzen gespeicherten Nährstoffe. Das düngt sie (Eutrophierung) und führt zu einer schleichenden Veränderung. Es wachsen zunehmend andere Arten dort.

 

Kann man etwas aus dem Wort Bergwiese herleiten?

 Wiese auf einem Berg. Ob es eine Bergwiese ist, ist artenabhängig. Nur weil das Grünland auf dem Berg wächst, spricht man noch nicht von einer Berg- Mäh-Wiese.

 

  

Quelle:

 http://lpv-thueringer-wald.de/lpv/

 Landschaftspflegeverband Thüringer Wald e.V.
Friedrichshöhe
Rennsteigstraße 18
98678 Sachsenbrunn OT Friedrichshöhe

  

NATURA 2000-Station „Thüringer Wald“

 

(Standort I – Sachsenbrunn)

 

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