Besiedlung


Das Untersuchungsgebiet wurde zur Mitte des 19. Jahrhunderts vom Preuß. Generalstab genau kartiert. In dieser Zeit gab es wohl die größte Verbreitung von Wiesen in den Thüringer Wäldern. Die Bevölkerung wuchs zuvor enorm und die Entwicklung hielt an. Die Einwohnerzahlen versechsfachten sich zum Beispiel in Steinach innerhalb einiger Jahrzehnte. In Rauenstein verdreifachte sich die Einwohnerzahl nach Gründung der Porzellanfabrik 1783. So lebten dort 1851 bereits 631 Menschen. Die Hammerwerke produzierten große Mengen an Eisenprodukten mithilfe von Holzkohle aus den umliegenden Wäldern und größtenteils heimischen Erzen. Es bilden sich Industriedörfer. Wohnungsnot herrschte überall. Die Waldwelt ist im Wandel und im Aufbruch.

Hellgrün gefärbt sind die zahlreichen Wiesen zwischen Rauenstein, Hämmern, Steinach und Steinheid, Messtischblatt des Preuß. Generalstabes, 1856, Reprint: TLVerGeo
Hellgrün gefärbt sind die zahlreichen Wiesen zwischen Rauenstein, Hämmern, Steinach und Steinheid, Messtischblatt des Preuß. Generalstabes, 1856, Reprint: TLVerGeo

Lange Zeit mieden die Menschen das kalte und unfruchtbare Waldland – den Thüringer Wald. Es gab genügend Alternativen. Im 7. Jahrhundert v.u.Z. wanderten Kelten in das Gebiet ein und legten befestigte Höhensiedlungen (Bleßberg, Herrenberg) an. Sie betrieben Viehzucht. Das Mittelgebirge blieb bis zum frühen Mittelalter nahezu unbewohnt. Erst im hohen Mittelalter wurde das Waldgebiet erschlossen. Bodenschätze (Eisenerz, Gold, Wetzschiefer) wurden entdeckt, abgebaut und verarbeitet. Das Holz der Wälder wurde dafür als scheinbar unerschöpfliche Ressource genutzt. Die Bergleute und Erzschmelzer mussten versorgt werden. Es kamen mehr Menschen ins Gebirge und so entstanden größere Siedlungen (Steinheid), Burgen (Rauenstein) sowie Abfuhr- bzw. Versorgungswege. Die Einwohner versorgten sich zum Teil selbst. Der Ackerbau blieb unrentabel, war aber nötig. Einfacher war die Viehhaltung. Die Tiere konnten aus dem Stall zur Mast in den Wald getrieben werden. Für deren Versorgung im Winter gewann man Heu. Dafür wurden über die Jahrhunderte zahlreiche Wiesen in den Bergen angelegt. Die Waldnutzung wurde zunehmend strenger geregelt. Da der Wald doch keine unerschöpfliche Holzquelle war, erließ die Landesherrschaft Holzordnungen, die die Nutzung regelten. Bestimmte Personengruppen wurden mit Privilegien versorgt. Diese Privilegien konnten die Waldnutzung betreffen (Harzscharrer, Hammergewerke bzw. deren Köhler, Flößer, …) aber auch das Anlegen von Heuwiesen auf Rodeland. Das kann man oft schon an den Namen (Schulzen-, Verwalterswiese) der Wiesen ablesen oder in alten Akten nachlesen. So nutzen die Eisenhammerwerke Wiesen für die Versorgung ihrer Tiere.

 

Mit dem Anwachsen der Bevölkerung, besonders vom 18. bis zum 20. Jahrhundert wurde auch die landwirtschaftliche Nutzfläche ausgedehnt. Zahlreiche Ackerterrassen, die heute aufgelassen sind, zeugen von der mühsamen Arbeit dieser Nebenerwerbsbauern. Denn eigentlich verdienten fast alle Gebirgsbewohner ihr Brot in Fabriken oder als Selbständige, als sogenannte Hausindustrielle. Zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde aber schon mit der Verdrängung der Wiesen aus dem Wald begonnen. Die herzogliche Forstverwaltung drängte die Waldnebengewerbe genauso aus dem Wald, wie die Hauptverzehrer des Waldes – die Eisenhütten (Augustenthal und Obersteinach). Damit begann gleichzeitig die Wiederaufforstung der im Wald gelegenen Wiesen, deren Reste wir nun als Bergwiesen bezeichnen.

Die Ackerterrassen in Rauenstein ziehen sich vom Muschelkalkplateau die Schieferhänge hinauf (rechts und links), Archiv Kirchner, 1920er Jahre
Die Ackerterrassen in Rauenstein ziehen sich vom Muschelkalkplateau die Schieferhänge hinauf (rechts und links), Archiv Kirchner, 1920er Jahre

Auf der Abb. (Freysoldtkarte, gezeichnet 1904) ist die Besiedlung des Untersuchungsgebietes zum Beginn der Neuzeit - 1555 - dargestellt. Zusammen mit Tabelle 3 ergibt sich, dass im ausgehenden Mittelalter wohl weniger als 1000 Menschen dort siedelten. Die Bergarbeitersiedlung Steinheid war vor 500 Jahren der größte Ort im Gebirge. Die heute großen Orte Lauscha, Neuhaus und Steinach existierten noch nicht. Lediglich die Eisenhämmer im Effeldertal, einzelne Bauerngehöfte in Meschenbach (Vorspann) und Hütten (Pechsieder) in Rauenstein waren besiedelt. Zu einer ersten Bevölkerungsexplosion und damit der Anlage von Bergwiesen kam es erst im 18. Jahrhundert.

 

Die nebenstehende Karte zeigt im Untersuchungsgebiet, dem Nordteil des Fürstentum Coburg um 1735 nur bewaldete Berge. Der Wald endet heute wie damals an der Südrandverwerfung, der Fränkischen Linie.

Mit dem Anwachsen der Bevölkerung, besonders vom 18. bis zum 20. Jahrhundert wurde auch die landwirtschaftliche Nutzfläche ausgedehnt. Zahlreiche Ackerterrassen, die heute aufgelassen sind, zeugen von der mühsamen Arbeit dieser Nebenerwerbsbauern. Denn eigentlich verdienten fast alle Gebirgsbewohner ihr Brot in Fabriken oder als Selbständige, als sogenannte Hausindustrielle. Zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde aber schon mit der Verdrängung der Wiesen aus dem Wald begonnen. Die herzogliche Forstverwaltung drängte die Waldnebengewerbe genauso aus dem Wald, wie die Hauptverzehrer des Waldes – die Eisenhütten (Augustenthal und Obersteinach). Damit begann gleichzeitig die Wiederaufforstung der im Wald gelegenen Wiesen, deren Reste wir nun als Bergwiesen bezeichnen.


Entwicklung der Einwohnerzahlen von Ortschaften im Untersuchungsgebiet (Quelle: Zwischen Rennsteig und Sonneberg, 1986)

Ort                         1618       1693      1780      1840      1871      1910       1946

Rauenstein           -              -           176         512         837         1925       1906

Steinheid            360         271         420         768         1229      2242       2431

Schalkau             405         -            648         1047      1467      2439       2704

Steinach              162         322         1225      2257      3566      7557       8395

 

Hämmern           329         125         347         805         1118      1645       4182*

* Meng-Hämmern

Die Einwohnerzahlen liegen heute (2018) überall niedrieger als vor 25, 50, 75 oder 100 Jahren. Die Bevölkerung nimmt weiter ab.

Einwohnerzahlen im LK Sonneberg, Quelle: tlug-jena.de
Einwohnerzahlen im LK Sonneberg, Quelle: tlug-jena.de

Die Bevölkerung nimmt in den 25 Jahren seit der politischen Wende im Waldgebiet ab. Viele Häuser und Grundstücke werden aufgegeben und verlassen. Wiesen werden nicht mehr gemäht, da weniger Haustiere gehalten werden. In der DDR hat die Gründung der LPG (Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft) und gute Arbeit in den Fabriken vor Ort die Menschen zur Aufgabe ihrer Nebenerwerbslandwirtschaft bewogen. Manchmal geschah es unter Zwang. Aber hier waren die Leute mit Landwirtschaft nicht reich geworden und gaben die mühsame Arbeit auf den steinigen Äckern gerne auf. Die Selbstversorgung ist nicht mehr nötig, seit es im Dorfladen subventionierte Nahrungsmittel billig zu kaufen gibt. Heute gibt es Alles immer und überall zu kaufen. Die Preise sind gestiegen aber die Löhne auch. Einfache Feldarbeit lohnt sich nicht mehr. Wiesenpflege wurde zum Hobby und zur Freizeitbeschäftigung von Naturliebhabern.

 

Copyright © www.gebirgspfade.de

Kirchner, Ralf (Betreuer)

Haack, Helene (Schüler)

Kirchner, Hanna (Schüler)

Stammberger, Josephine (Schüler)