Bärwurzwiese

Bärwurzwiese am Schlezenbach südlich von Steinheid
Bärwurzwiese am Schlezenbach südlich von Steinheid

Der Thüringer Wald war in früherer Zeit ursprünglich ein geschlossenes Waldgebiet. Erst vor ertwa 1000 Jahren rodeten Siedler Teile des Waldes,  um erst einzelne Häuser oder Gebäude für ihre Produktion zu errichten. So entstanden allmählich ganze Siedlungen, Dörfer und Orte. Es wurden Straßen gebaut und Bahngleise gelegt, denn der Platzbedarf stieg mit der Anzahl der Bewohner und der Produktionsstädten. Die anfängliche Waldweide musste wegen vielfältiger übernutzung der Wälder immermehr beschränkt werden.

 

 Es wurden auch Wiesen angelegt und sie mussten bewirtschaftet werden. So ist auch die Bärwurzwiese am Schlezenbach wie so viele andere Bergwiesen in unserer Umgebung, insbesondere in der Rennsteigregion durch traditionelle Bewirtschaftung, in erster Linie durch die Heuernte entstanden. Unterschiedliche Pflanzen und Tiere siedelten sich je nach Standort, Nährstoffgehalt, Bodenbeschaffenheit, Feuchtigkeit und Art der Nutzung an. Es bildeten sich deutlich unterscheidbare Wiesentypen herraus. Nur durch Nutzung bleiben die Bergwiese erhalten, sonst erobert sie der Wald zurück.

 

Der Erhalt der Bärwurzwiese ist von der Fortsetzung der extensiven Bewirtschaftung abhängig. Deshalb wird die Wiese unter großen Aufwand einmal im Jahr gemäht und zur Heugewinnung genutzt oder in geringem Maße beweidet. Auf dem steinigen  bis stark steinigen Boden  findet man in verschieden Pflanzengesellschaften vorwiegend den Bärwurz. Diese auffällige Pflanze gibt der Wiese ihren Namen. Besonders im Juni fallen uns die weiß blühenden Dolden ins Auge und ein würziger Duft zieht beim Gehen über die Wiese in die Nase. Im Juli, nach der Hauptblühtezeit wandelt sich das Aussehen der Bärwurzwiese.

 

 Begleitet wird ihr Aussehen durch Rotschwingel, Rotstraußgras und Borstgras sowie durch die verstreut wachsende Rundblättrige Glockenblume, die Ährige Teufelskralle und auch die unter Naturschutz stehende Arnika. Einen rötlich- beigen Anstrich geben der Wiese der Rotschwingel und das Rotstraußgras. In diesem Wiesentyp gedeihen ebenfalls viele verschiedene Kräuter.

 

 Das Kräuterreichtum im Futter wirkt sich günstig auf die Gesundheit der Nutztiere aus. Es macht das Bergheu sehr wertvoll. Leider verzeichnen die Bergbauern bei der Heuernte Verluste am Krauterreichtum, da die getrockneten Blätter der Kräuter leicht zerfallen und dadurch verloren gehen können. Die Pflanzen der Bärwurzwiese sind in der Regel kleiner und zierlicher als die der Goldhaferwiese. Eine Reihe atraktiver Blütenpflanzen zählt zu ihnen, die Kopfige Teufelskralle, die Bergblatterbse, die Rundblättrige Glockenblume, das Kanten- Hartheu und die Hohe Schlüsselblume. Hainsimse und Ruchgras dagegen sind recht unscheinbar.

 

Bärwurz wächst auf abgelegen Bergwiesen in höheren Lagen. In rauer Umgebung braucht die Wurzel in etwa sieben bis zehn Jahre. Dann hat sie die Größe erreicht, die sich ein Schnapsbrenner wünscht. Aus der Wurzel der Bärwurz wird das gleichnahmige charaktervolle Destillat hergestellt. Die Bärwurz selbst ist essbar. Frisch gesammelt liefern ihre Blätter ein intensives schmackhaftes Gewürz  für Suppen, Salate und Kräuterquark.

 

Das Vieh hingegen schätzt ihren aromatischen Geschmack nur begrenzt. Nach der alter Überlieferung wurde die Pflanze von Kühen entdeckt. Sie gruben die Wurzel bei Blähungen mit ihren Hufen aus, fraßen sie und fühlten sich danach merklich wohler. Kleine Mengen der Bärwurz verzehren sie. Tritt  die Pflanze jedoch in Massen auf, wird sie nach Möglichkeit von den Tieren gemieden.

 

Ihren Namen verdankt die Wurzel der verwendung bei Erkrankungen der Gebärmutter und zur Linderung schwerer Geburten. Aus Gebärmutterwurz wurde schließlich der Name Bärwurz. Sogar Hildegard von Bingen ( 1098 bis 1179) beschrieb in ihren Naturwissenschaftlichen Werken über die Naturkunde eine Umfassende Darstellung der damals bekannten und gebräuchlichen Heilpflanzen, so auch über die Bärwurz. Sie nahm das Wissen der Volksmedizien und auch das Wissen der Benediktiner des frühen Mittelalters in ihren Klösterlichen Arzneimittelschatz auf. Erstmals benutzte sich auch Volkstümliche Pflanzennamen.

 

So schrieb sie eine Bärwurz- Birnenhonig- Kur auf. „Die Birnhonig - Kur ist das köstliche Latwerge und wertvoller als Gold, weil es die Migräne vertreibt und die Dämpfigkeit mindert und alle Fehlsäfte im Menschen vertilgt und den Menschen so reinigt, wie man einen Topf vom  Schimmel reinigt.“ ( Zitat Hildegard von Bingen)

 

Bärwurzwiese am Schlezenbach
Bärwurzwiese am Schlezenbach

Bärwurzwiesen beherbergen ebenfalls eine reiche Tierwelt. Unüberhörbar sind die Heuschrecken, wie der Bunte Grashüpfter, die Kleine Goldschrecke, die Kurzflügeliche Beißschrecke und den Warzenbeißer.

 

Unübersehbar sind die Schmetterlinge, wie das metallisch glänzende Grünwidderchen. Der Dukatenfalter und der Schwalbenschwanz sind zu beobachten. Er ist einer der schönsten bei uns heimischen Schmetterlinge. Seine Raupen, die sich im Tiefland von den Blätter der Wilden Möhre ernähren, fressen in den Bergregionen an den Blättern der Bärwurz.

 

Im Sommer fallen besonders die speichelartigen Schutzhüllen der Larven von der Schaumzikade an den Stängeln verschiedener Pflanzen auf. Im Volksmund wird er auch „Kuckusspeichel“ genannt. Wenn man die schleimigen Schaumtropen abwischt, kann man die kleinen Tiere sehen, wie sie sich vom Pflanzensaft ernähren.

 

Bärwurzwiesen sind in der Gegend des Thüringer Waldes und des Thüringer Schiefergebirges noch relativ weit anzutreffen.

 

Ein großer Teil der Bestände wurde jedoch in ertragreichere Wiesen umgewandelt, wenn die Fläche für Machinen gut erreichbar war. Leider ist die Bewitschaftung des relativ ertragsschwachen Wiesentyps der Bergwiese heutzutage oft unrentabel.

 

Glücklicher Weise wurden in den letzten Jahren zahlreiche Wiesenflächen in Rahmen des Vertragsnaturschutzes wieder in pflege genommen.

 

Die Bärwurzwiese gehört zu den Bergwiesen. Sie ist in ihrer artenreichen Ausbreitung nach §18 Thüringer Naturschutzgesetz besonders geschützt und als Bergwiese in der Roten Liste der Biotope Thüringens als stark gefährdet eingestuft.

 

Kleiner Teich am Schlezenbach im zeitigen Frühjahr 2017
Kleiner Teich am Schlezenbach im zeitigen Frühjahr 2017

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